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  Das Nibelungenmuseum in Worms -  
  aus der Sicht der Museumsmacher.
 


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Ein Museum in der Stadt

Der Ort, den die Stadt zum Sitz des Museums bestimmt hat, kann nicht ohne Einfluss auf die Konzeption sein. Es handelt sich um ein historisches Bauwerk, das den Wormsern um so mehr am Herzen liegt, als es eines der wenigen erhaltenen Teile jener Mauer ist, die die Stadt seit der Zeit der Staufer umschloss und schützte. Im 12. Jahrhundert wurde dieser Mauerteil vom Wasser eines Rheinarmes umspült. Er ist von zwei Toren durchbrochen. Von dem einen, der Lutherpforte, erzählt man sich, es sei von dem berühmten Herrn selbst durchschritten worden. Man könnte sich auch vorstellen, dass der Autor des Nibelungenliedes das Tor gekannt hat, während oder kurz nach dem Bau der Stadtmauer. Dieses Stück Bollwerk ist eines der wenigen Zeichen der früheren Macht der Stadt, denn davon wurde beim Aufbau nach dem Krieg nur wenig wiederhergestellt. Der Wiederaufbau sah sich den dringendsten Bedürfnissen verpflichtet und gestaltete die Stadt als buntes Patchwork verschiedener Baustile und Formen. Die Geschichte von Worms ist ebenso
facettenreich wie das Erscheinungsbild der Stadt, so dass man sich fragen darf, ob nicht gerade dieses Nebeneinander von Altem und Modernem, die eigentliche Stadtgestalt, diese besondere Identität von Worms, bilden. Die neuen Bauteile wollen alles andere, als für Rekonstruktionen gehalten werden,
sie sind dagegen klar als künstlerische Gestaltung einer neuen Sicht des Alten erkennbar.

Allerdings mussten wir und unser Wormser Auftraggeber, der Stadtvorstand, die Mitglieder des Stadtrates und des Kulturausschusses, allen voran der Kulturdezernent, erst einige Widerstände überwinden.

Über Jahrhunderte hatte die Stadtmauer dort ausgeharrt, zu nichts anderem nutze, als über Generationen hinweg Schauplatz von Kinderspielen zu sein. Mit misstrauischem Auge wachten die älteren
Bürger der Stadt über ihre "gute alte Mauer". Unsere Baupläne sahen die Errichtung von spitzbögigen Pavillons aus Glas und Metall vor, die in die Bögen der Stadtmauer eingebettet sein sollten. Nichts als Sarkasmus haben wir für die Form der Pavillons geerntet. Schlimmer noch: Wir hatten geplant, einen neuen Turm neben die zwei alten zu setzen, welch
Sakrileg! Wie oft mussten wir erklären, dass ein neuer Turm in einer Stadt, die schon so viele besitzt, einen erneuten Aufbruch symbolisiert?
Auch den multimedialen Ansatz des Museums haben wir immer wieder ? mit viel Mühe und in öffentlichen Veranstaltungen ? den Wormsern versucht näher zu bringen. Natürlich ist er häufig falsch verstanden worden, vor allem der Schatzraum: "Das ist beängstigend, man versteht nichts, es ist zu mystisch, etc. Und außerdem gehören die Nibelungen in die Vergangenheit, bauen Sie doch lieber Kindergärten!"

Das Ergebnis war, dass die Presse negativ berichtete und eine Bürgerinitiative ein Bürgerbegehren zum Anhalten des Projektes erzwang. Im September 1999, nach neun Monaten Arbeitsunterbrechung, fiel das
Ergebnis in die Abstimmungsurnen: Das Nibelungenmuseum würde doch das Tageslicht erblicken.

Denen, die das Projekt nicht verstanden und kritisierten, nehmen wir es nicht übel. Das ist normal. Das Konzept ist wahrlich ehrgeizig und zudem so eigen, dass es schwierig ist, Zugang zu ihm zu bekommen, ohne es erlebt zu haben. Es gibt kein ähnliches Projekt, das es möglich machte, das unsere durch Vergleich zu beurteilen und die Wahl, die wir jeweils getroffen haben, zu rechtfertigen. Glücklicherweise haben die Vertreter der Stadt Worms zu ihrem mutigen und fortschrittlichen Entschluss gestanden und durchgehalten. Sie wussten, dass jenseits des neuen Images, das das Projekt der Stadt Worms würde geben können, das Museum das ganze Stadtviertel um die Mauer herum aufwerten würde und dass es eine neue Verbindung zwischen dem Stadtzentrum und dem Rheinufer schaffen könnte. Vor allem würde es die Besucher des Doms einige Stunden
länger in der Stadt halten, z.B. um die Geschäfte, Hotels und Restaurants aufzusuchen.

 

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Kontakt : adelaide@km2.net